Wie dein Kind sein Taschengeld aus einem ETF erhält und dabei viel über die Börse lernt

Mit der Geburt haben wir für unsere Kinder ein ETF-Depot angelegt. Geldgeschenke und ein regelmäßiger Sparplan ließen das Depot über die Zeit anwachsen. Mittlerweile profitieren die Kinder bereits von der weltweiten Produktivität.

Um das Thema Geld und Geldanlage bereits in frühen Jahren zu vermitteln, bietet sich an das Taschengeld auf Basis von Ausschüttungen auszuzahlen. Die Kinder (und möglicherweise auch die Erwachsenen) können dabei gleich die Wirkungsweise von Dividenden und Schwankungen am Aktienmarkt erlernen.

Dieser Beitrag zeigt eine Möglichkeit auf mit einen handelsüblichen ETF regelmäßiges Taschengeld zu erhalten.

Empfehlungen für die Höhe des Taschengelds

Im Internet gibt es eine Reihe von Empfehlungen für die Höhe des Taschengelds. Ich orientiere mich in diesem Beitrag an die Empfehlung des Familienministeriums.

AlterEmpfehlung
Unter 6 Jahre:0,50-1,00 Euro/Woche
6 Jahre:1,00-1,50 Euro/Woche
7 Jahre:1,50-2,00 Euro/Woche
8 Jahre:2,00-2,50 Euro/Woche
9 Jahre:2,50-3,00 Euro/Woche
10 Jahre:15,50-18,00 Euro/Monat
11 Jahre:18,00-20,50 Euro/Monat
12 Jahre:20,50-23,00 Euro/Monat
13 Jahre:23,50-25,50 Euro/Monat
14 Jahre:25,50-30,50 Euro/Monat
15 Jahre:30,50-38,00 Euro/Monat
16 Jahre:38,00-45,50 Euro/Monat
17 Jahre:45,50-61,00 Euro/Monat
ab 18 Jahre:61,00-76,00 Euro/Monat
Empfehlung zur Höhe des Taschengelds
Quelle: Familienportal des Familienministeriums

Ziel soll es sein, das Taschengeld durch die regelmäßigen Ausschüttungen aus einem ETF zu realisieren.

Der Taschengeld-ETF

Für die Realisierung nutzen wir einen handelsüblichen breitgestreuten ausschüttenden* ETF (Beispiel Vanguard FTSE All World (ISIN). Wer will, kann aber auch einen Dividenden-ETF nutzen. Wir betrachten einen Sparplan und eine Einmalanlage über 18 Jahre.

* Das Konzept kann auch mit einem wiederanlegenden (thesaurierenden) ETF umgesetzt werden. Statt die Ausschüttungen zu nutzen, werden einfach entsprechend Anteile verkauft. Wirtschaftlich ist das kein Unterschied wie dieser Artikel von Gerd Kommer erläutert.

Wir arbeiten mit den folgenden Annahmen:

  • Die reale Wertsteigerung beträgt im Schnitt 5% p.a. (Das bedeutet die Taschengeldbeträge entsprechen über die Jahre der heutigen Kaufkraft unabhängig von der Inflation.)
  • Die durchschnittliche Ausschüttung beträgt 2%.
  • Für den Sparplan beträgt die monatliche Sparrate 100€, für die Einmalzahlung 10.000 €.

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des Sparplans und der Einmalanlage sowie einem Taschengeld-Funnel (der Topf wo die Ausschüttungen gesammelt werden) bei Zugrundelegung der obigen Annahmen.

JahreEmpfehlungSP-AnlageSP-AusschüttungSP-FunnelE-AnlageE-AusschüttungE-Funnel
1          1.200 €          10.000 €  
2          2.436 €              24 €              24 €        10.300 €             200 €           200 €
3          3.709 €              49 €              73 €        10.609 €             206 €           406 €
4          5.020 €              74 €           147 €        10.927 €             212 €           618 €
5          6.371 €           100 €           247 €        11.255 €             219 €           837 €
6               52 €         7.762 €           127 €           323 €        11.593 €             225 €        1.010 €
7               78 €         9.195 €           155 €           400 €        11.941 €             232 €        1.164 €
8             104 €       10.671 €           184 €           480 €        12.299 €             239 €        1.298 €
9             130 €       12.191 €           213 €           563 €        12.668 €             246 €        1.414 €
10             186 €       13.757 €           244 €           621 €        13.048 €             253 €        1.482 €
11             216 €       15.369 €           275 €           680 €        13.439 €             261 €        1.527 €
12             246 €       17.030 €           307 €           742 €        13.842 €             269 €        1.550 €
13             282 €       18.741 €           341 €           800 €        14.258 €             277 €        1.544 €
14             306 €       20.504 €           375 €           869 €        14.685 €             285 €        1.524 €
15             366 €       22.319 €           410 €           913 €        15.126 €             294 €        1.451 €
16             456 €       24.188 €           446 €           904 €        15.580 €             303 €        1.298 €
17             546 €       26.114 €           484 €           841 €        16.047 €             312 €        1.063 €
18             732 €       28.097 €           522 €           632 €        16.528 €             321 €           652 €
Summe         3.700 €       21.600 €        4.332 €         10.000 €         4.352 € 
Beispiel: Im 10. Jahr liegt der jährliche Taschengeldbedarf bei 186 €. Das Depot hat am Ende des Jahres einen Wert von 13.757 €. Die Ausschüttung in diesem Jahr entspricht 2% vom Wert im 9. Jahr (12.191*2% = 244 €). Die Ausschüttung kommt in den Funnel. Gleichzeitig wird dem Funnel der Taschengeldbedarf für das 10. Jahr entnommen.

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der ersten 18 Jahre. Die Spalte Empfehlungen entspricht den Taschengeldzahlungen im jeweiligen Alter auf Basis von Jahresbeträgen. Die Spalte SP-Anlage enthält den jeweiligen Depotwert am Ende des Jahres. Die Ausschüttungen aus dem Sparplan (SP-Ausschüttungen) werden auf Basis des Vorjahres berechnet. Dem Funnel (SP-Funnel) fließen die Ausschüttungen zu und der Bedarf an Taschengeld wird entnommen.

Für die drei E-Spalten gilt dasselbe bezogen auf die Einmalanlage.

In dieser Modellrechnung wird der Funnel bis zum 18. Lebensjahr für die Taschengeldzahlung ausreichen. Im Falle des Sparplans (Gesamteinzahlung 21.600 €) bleiben rund 28.000 € für den Start in die Volljährigkeit übrig. Im Falle der Einmalanlage (Gesamteinzahlung 10.000 €) sind es etwa 16.000 €.

Wie reagieren, wenn der Funnel den Taschengeldbedarf nicht deckt?

Diese Modellrechnung geht davon aus, dass die obigen Annahmen exakt so eintreten. Wir können uns aber sicher sein, dass dies nicht so eintreten wird. Es kann besser laufen, aber auch schlechter. Auf jeden Fall wird es anders laufen.

Sollte der Funnel den Bedarf im Laufe der Zeit nicht decken können, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Taschengeld reduzieren
  • Anteile aus der Substanz verkaufen
  • Taschengeld aus dem Familienfunnel oder einem Teil der Sparrate aufstocken

Letztendlich zeigt dieses Szenario schön auf, was in einer Auszahlungsphase alles passieren kann. Von daher ist dies für die Kinder eine wunderbare Vorbereitung auf die eigene Auszahlungsphase. Es kann Jahre geben wo die Ausschüttungen geringer sind als kalkuliert, so dass das kalkulierte Taschengeld nicht über die Auszahlung finanziert werden kann. In diesem Fall können zusätzliche Anteile von der Substanz veräußert werden, um den Betrag zu erreichen oder es muss der Gürtel einfach enger geschnallt werden.

Wir  sind hier in einer besonderen Situation. Die Einzahl- und die Auszahlphase überdecken sich. Wirtschaftlich ist das nicht besonders sinnvoll*, für die finanzielle Bildung aber sehr wohl und damit sicherlich eine gute Investition.

* Tatsächlich wäre die Variante die Sparrate einfach um den Taschengeldbedarf zu reduzieren und den Rest in einen nicht ausschüttenden ETF zu investieren deutlich einfacher und auch ertragreicher (Endwert 29.000 € statt 28.000 € im Model oben). Mit dem Taschengeld-ETF investiert man quasi 1.000 € in die finanzielle Bildung und erlebt damit Risiken und Chancen real mit.

Trotzdem sollte ein Szenario wie z.B. Anteil an der Substanz verkaufen gebührenschonend umgesetzt werden. Die Gebühren für den Verkauf können mitunter eingespart werden, indem der fehlende Betrag durch einen Teil der Sparrate abgedeckt und die Sparrate temporär reduziert wird.

Interessant ist hier auch, dass Risiko und Chance sich in den beiden Phasen ergänzen. Das gefürchtete Renditereihenfolgerisiko (Sequence of Return Risk) bei der Auszahlung ist für die Einzahlung eine Chance, da Anteile günstiger erworben werden. In der Literatur wird hier vom Cost Average Effekt gesprochen.

Da in der Auszahlungsphase die Höhe der Auszahlung einen großen Einfluss auf die Lebenserwartung des Portfolios hat, kann in einem geschützten Raum (der Familienfunnel als Airbag) auch bereits mit einer Auszahlungsstrategie experimentiert werden. Die Artikel vom Frugalisten und Finanzen Erklärt setzen sich mit der Thematik der sicheren Entnahmerate intensiv auseinander.

Fazit

Der Taschengeld-ETF ist eine einmalige Gelegenheit das eigene Kind in einer geschützten Umgebung an das Investieren heranzuführen und sich an die Funktionsweise der Märkte zu gewöhnen. Wo sonst fallen Einzahlungs- und Auszahlungsphase zusammen. Wo sonst kann das Kind ohne großes existenzielles Risiko – sofern der Familienairbag schützt – Erfahrungen sammeln?

Die Sparrate oder auch die Einmalanlage kann jeder nach seiner Möglichkeit individuell festlegen oder sogar kombinieren. Um die Funktionsweise zu erlernen, muss der Taschengeld-ETF nicht zwangsläufig den kompletten Bedarf abdecken.

Ich denke der Taschengeld-ETF kann helfen frühzeitig die in Schulen bisher vernachlässigte finanzielle Bildung zu stärken. Voraussetzung ist, dass das Kind auch frühzeitig in die Funktionsweise des Taschengeld-ETFs einbezogen wird.

Mein Name ist Andree de Boer. Seit mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Finanzen. In meinem Blog berichte ich über meine Erfahrungen.


Dabei ist mir über die Zeit aufgefallen, dass der Schlüssel zum Erfolg bei Geld und Finanzen nicht primär in irgendwelchen Finanzprodukten liegt.

Vielmehr sind es die eigene Einstellung und das Verhalten, die den Erfolg maßgeblich beeinflussen.

Deshalb konzentriere ich mich zunehmend auf das Thema Finanzcoaching, um Menschen in die Lage zu versetzen, produktunabhängig gute Finanzentscheidungen zu treffen.

Dazu habe ich eine professionelle Ausbildung zum FCM Finanzcoach absolviert.

Meine Dienstleistungen biete ich völlig produktunabhängig auf Honorarbasis an.

In meinem Blog berichte ich auch über eigene Erfahrungen mit konkreten Finanzprodukten. Dies stellt jedoch ausdrücklich keine individuelle Empfehlung dar.

Nimm mit mir Kontakt auf oder buche online ein kostenloses Erstgespräch. Wir finden heraus, wie ich Dir helfen kann.

2 Gedanken zu „Wie dein Kind sein Taschengeld aus einem ETF erhält und dabei viel über die Börse lernt

  1. Ich finde es ist wirklich eine gute Idee!!! Meine Kinder sind noch sehr klein und haben noch etwas Zeit bis es Taschengeld gibt, ABER ich finde den Ansatz wirklich klasse, denn so kann man ihnen den Bezug zu Wertpapieren und Funktionsweise auf eine andere und gute Weise beibringen.
    Danke.

    Gruß Stefan

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