Unlängst machte die CSU einen Vorschlag mit dem Starterkit 100 € für Kinder bis zum 18. Lebensjahr zuzuschießen (Artikel bei Spiegel.de).
Sofern das Geld wie im Vorschlag angedeutet tatsächlich in einen breit aufgestellten und kostengünstigen Aktienfonds fließen würde, wäre das eine echte weitere Komponente des Rentensystems.
Die drei Säulen der Altersvorsorge
Das Rentensystem basiert aktuell auf den folgenden drei Säulen der Altersvorsorge
- Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente
- Die betriebliche Altersvorsorge
- Die private Altersvorsorge
Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ist von der Lohnentwicklung und der Anzahl der deutschen Arbeitnehmer abhängig, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Durch den demografischen Wandel werden in naher Zukunft immer weniger Beitragszahler die Beiträge für die zukünftigen Rentner aufbringen können. Es ist daher unvermeidlich, dass diese Säule in Zukunft weniger zur Altersvorsorge beitragen wird.
Die geförderte betriebliche und private Altersvorsorge (z.B. Riester) ist gut gemeint, aber leider ineffektiv und für den Verbraucher in den meisten Fällen viel zu teuer. Oft fressen die Kosten die Förderung auf. Ein weiteres Problem der geförderten Produkte ist, dass sie gezwungen sind risikoarm anzulegen, da der Gesetzgeber sicherstellen möchte, dass im Ruhestand mindestens die eingezahlten Beiträge vorhanden sind.
Bei der ungeförderten privaten Altersvorsorge hat jeder die Möglichkeit in chancenorientierten Produktkategorien wie z.B. ETFs zu investieren. Hier dominieren aber nach wie vor klassische, konservative und extrem teure Produkte wie (fondsgebundene) Rentenversicherungen, Lebensversicherungen, etc. Dazu kommt, dass selbst wenn man in den Aktienmarkt investieren möchte Banken und Vermittler eher teure Produkte wie aktiv gemanagte Aktienfonds anbieten.
Die drei Risiko- und Chancenklassen der Altersvorsorge
In den drei Säulen wird nach den drei Kriterien gesetzlich, betrieblich und privat unterschieden. Aus Risiko- und Chancen Sicht kann man aber auch nach den drei folgenden Kriterien unterscheiden
- Umlagefinanzierte Rente (die gesetzliche Rente)
- Risikoarme Anlage (wenig Schwankung und Rendite)
- Chancenorientierte Anlage (höhere Schwankungen und Rendite)
Die umlagefinanzierte Rente (Klasse 1) ist von der Lohnentwicklung aller aktiven Arbeitnehmer abhängig, die in das Rentensystem einzahlen. Das was heute in die Rentenkasse einbezahlt wird, wird direkt wieder an die Rentner ausbezahlt. Es ist in diesem Sinne also keine Anlage, sondern eine Umlage. Wer alleine darauf setzt, wettet also, dass auch in Zukunft die aktiven Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen die Rentner finanzieren werden. Wir wissen mittlerweile alle, dass dies zukünftig mit großer Wahrscheinlichkeit immer weniger der Fall sein wird.
Fast alle staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukte müssen garantieren, dass mindestens der Beitrag im Ruhestand erhalten bleibt. Die Anbieter sind damit gezwungen in sichere Anlageprodukte zu investieren (Klasse 2). Dies sind im Normalfall Zinspapiere. Da sich seit geraumer Zeit der Preis des Geldes (also die Zinsen) immer weiter reduziert, ist die reale Rendite solcher Anlageprodukte nicht selten bei 0%.
Was bisher wenig staatlich gefördert wird sind Produkte der Klasse 3: Nämlich chancenorientierte Anlagen. Selbst ein potentiell chancenorientiertes Produkt wie ein Riester Fondssparplan ist gesetzlich verpflichtet mindestens die eingezahlten Beiträge und die Zulagen zu garantieren. Das führt dazu, dass bei diesen Produkten immer mit für einen langen Zeitraum eigentlich unnötig (siehe Beispiel Renditedreieck unten) konservativen Risikomanagement gearbeitet werden muss. (Artikel von 2010 bei sueddeutsche.de; heute wissen wir, dass die Umschichtung vielen Kunden die Renditechancen genommen hat)
In Summe legen die deutschen also nach wie vor konservativ an. Die chancenorientierte langfristige Anlage in Aktien wird entweder gar nicht oder mit viel zu teuren Produkten gemacht. Das führt bei den Säulen 2 (betriebliche) und 3 (private) oft dazu, dass sich der Erwartungswert der Anlagerendite um die 0% nach Inflation bewegt.
Die Altersvorsorge der deutschen basiert also größtenteils auf die umlagefinanzierte Rente und auf sicheren Anlageprodukten mit einer realen Rendite bei 0%. Was fehlt ist der dritte Baustein: Die chancenorientierte Anlageklasse.
Die chancenorientierte Anlageklasse
Der Erwartungswert für Anlagen in weltweiten Aktien liegt bei 7-8% (Nominalrendite). Wenn man die angestrebte Inflation von 2% abzieht kommt man auf eine reale Rendite von 5% vor Kosten (siehe auch Geldanlage und Altersvorsorge aktuell von Dr. Gerd Kommer; Seite 6) .
Laut dem Renditedreieck für den Weltaktienindex MSCI World (Renditedreieck MSCI World von Dividendenadel) hat dieser Index bei einer Mindestanlage von 15 Jahren seit 1971 zu keinem Zeitpunkt Verluste gemacht. Das heißt zumindest historisch hatte man nach 15 Jahren im Ergebnis die Sicherheit von Zinspapieren kombiniert mit den Renditechancen von Aktien.
Um zu errechnen mit welcher Rente wir bei dem Starterkit Vorschlag rechnen können, nutzen wie die folgenden Annahmen:
- Erwartungswert für die Rendite bei einer Anlage in den Weltaktienindex liegt bei 5% real (bei einer Mindestanlage von 15 Jahren)
- Die ersten 18 Jahre wird in einen Weltaktienindex (z.B. MSCI Word, MSCI ACWI oder FTSE All Word) oder in einen zukünftigen Deutschlandfonds (z.B. nach dem schwedischen Modell) investiert.
- Für die Verwaltungskosten der ETFs oder des Deutschlandfonds gehen wir von 0,2% aus
- Das Geld bleibt die nächsten 49 Jahre (Alter des Beziehers 67) ohne weitere Einzahlungen im Fonds
Nach 18 Jahren hat sich eine Summe von knapp 34.000 € angesammelt. Eingezahlt wurden bis dahin 21.600 €.
Berechnung auf zinsen-berechnen.de: Endwert und Gewinn berechnen, Sparrate: 100 €, Sparinterval: monatlich, Dynamik 0%, Jährlicher Kurszuwachs: 5%, Ertragsausschüttung: Keine, Laufzeit: 18 Jahre, Ausgabeaufschlag: 0%, Verwaltungsgebühr: 0,2%
Jetzt bleibt die angesparte Summe 49 Jahre im Fonds liegen und erwirtschaftet eine jährliche Rendite von 5%. Der erwartete Betrag liegt nach nun insgesamt 67 Jahren bei etwa 336.000 €. Der erwirtschaftete Gewinn liegt dabei für die 49 Jahre bei etwa 302.000 €
Berechnung auf zinsen-berechnen.de: Endwert und Gewinn berechnen, Einmalbetrag: 33.961,20 €, Sparinterval: monatlich, Dynamik 0%, Jährlicher Kurszuwachs: 5%, Ertragsausschüttung: Keine, Laufzeit: 49 Jahre, Ausgabeaufschlag: 0%, Verwaltungsgebühr: 0,2%
Eine 100k Daumenregel sagt, dass pro 100.000 € 300 Euro pro Monat aus dem Portfolio entnommen werden kann ohne, dass das Portfolio aufgebraucht wird. Bei 336.000 € wären das dann etwa 1000 € nach heutiger Kaufkraft.
Zum Vergleich für denselben Betrag aus der gesetzlichen Rente müsste man heute (Stand Februar 2020) etwas mehr als 30 Jahre lang mit einem durchschnittlichen Verdienst arbeiten (1000 € / 33,05 aktueller Rentenwert West).
Die Sparrate für risikoarme Anlageklasse (Annahme 0% nach Kosten und Inflation) würde für die ersten 18 Jahre immerhin 1555 € betragen. Natürlich steht das Geld in dieser Rechnung bereits nach 18 Jahren zur Verfügung und es macht absolut keinen Sinn das Geld 49 Jahre einfach nur liegen zu lassen. Es erklärt aber trotzdem die Macht des Zinseszinses.
Fazit
Wir fassen also zusammen: Wer für sein Kind bereits in den ersten 18 Jahren monatlich 100 € in den weltweiten Aktienmarkt mit einer angenommenen realen Rendite von 5% anlegt und es dann bis zur Rente einfach liegen lässt, ermöglicht im Ruhestand ein Rente von 1000 € nach heutiger Kaufkraft. Dies hat einen Gegenwert von 30 Jahre Arbeit bei einem durchschnittlichen Verdienst oder einer „Investition“ von 1555 € monatlich in den ersten 18 Jahren in risikoarmen Anlageklassen.
Der Starterkit Vorschlag soll genau die chancenorientierte Anlageklasse 3 fördern und damit die Altersvorsorge der deutschen um eine chancenorientierte Komponente ergänzen. Doch keiner braucht auf den Vorschlag zu warten, sondern kann heute schon privat diese chancenorientierte Komponenten mit einem einfachen ETF Sparplan umsetzen. Siehe dazu auch auch das 100k-Konzept.
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