Wie du schwierige Finanzentscheidungen mit dem Cynefin-Modell treffen kannst

Die Anlagewelt ist komplex, die Finanzindustrie macht sie kompliziert, doch die eigentlichen Lösungen sind oft einfach. Wie du dir bei schwierigen Finanzentscheidungen das Leben erleichtern kannst, erläutert dieser Artikel anhand des Cynefin-Modells.

Wir alle haben den Drang in einer unsicheren Umgebung Entscheidungen zu treffen, die Sicherheit versprechen. Diese menschliche Eigenschaft kann dazu führen, dass wir ungünstige Entscheidungen treffen.

Das Cynefin-Modell hilft bei der Einordnung von Situationen und gibt einen Leitfaden, wie mit dieser Situation umgegangen werden kann.

Dabei werden insgesamt 5 verschiedene Situationen unterschieden:

  1. Einfache Situation
  2. Komplizierte Situationen
  3. Komplexe Situationen
  4. Chaotische Situationen
  5. Verwirrende Situationen
Das Cynefin-Modell liefert eine Typologie von Kontexten, die einen Anhaltspunkt bieten, welche Art von Erklärungen oder Lösungen zutreffen könnten.

Zur Lösung dieser Situationen bedarf es dabei unterschiedliche Herangehensweisen, die im Folgenden erläutert werden.

Die einfache Situation

Die einfache Situation zeichnet sich darin aus, dass Ursache und Wirkung für jeden offensichtlich sind. Die Situation kann dadurch begegnet werden, indem einfache Regeln bzw. Best Practices befolgt werden.

Ein Alltagsbeispiel wäre die Ampel im Straßenverkehr. Grün heißt gehen und rot heißt stehen.

Ein Beispiel für eine einfache finanzielle Entscheidung ist zum Beispiel das Sparen für den Urlaub. Das benötigte Geld wird einfach angespart und im Urlaub verbraucht.

Die komplizierte Situation

Die komplizierte Situation zeichnet sich darin aus, dass Ursache und Wirkung bestehen, aber nur für Experten ersichtlich sind. Ein „Fachfremder“ kann die Situation allein nicht überblicken. Die Lösung für diese Situation ist die Einbeziehung eines Experten.

Das Alltagsbeispiel ist der Bau eines Flugzeuges. Das Flugzeug ist kompliziert und die meisten können nicht im Detail nachvollziehen, wie das Ganze funktioniert.

Im finanziellen Bereich ist zum Beispiel die Baufinanzierung oder ein Konstrukt wie Rürup, Riester oder private Rentenversicherungen kompliziert.

Die komplexe Situation

Komplexe Situationen tauchen immer dann auf, wenn die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung immer nur im Nachhinein wahrgenommen werden kann, aber nicht im Voraus. Die Lösung für dieses Problem ist Annahmen zu treffen, auszuprobieren und auf das Ergebnis zu reagieren.

Hier ist die Börse ein prominentes Beispiel. Die Aktienkurse sind Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren, die kein Mensch im Vorhinein prognostizieren kann. Hinterher kann man mit mehr oder minder schlüssige Erklärungen die Vergangenheit analysieren.

Die chaotische Situation

In chaotische Situationen gibt es keine Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Hier ist entschlossenes Handeln unter hoher Unsicherheit nötig, um die Situation wieder zu stabilisieren.

Diese Situationen treten in Krisen wie etwa die Corona-Pandemie auf.

An den Wertpapiermärkten macht sich in Krisen Panik breit. Unerfahrene Anleger machen in dieser Situation die größten Fehler.

Die verwirrende Situation

Die verwirrende Situation besteht, wenn man nicht weiß in welchen der vier oben skizzierten Situationen das Problem liegt. Es besteht das Risiko, ein Problem im falschen Bereich anzusiedeln und damit falsche Handlungsstrategien anzuwenden.

Der erste Schritt in dieser Situation ist daher sich bewusst zu machen, in welcher der vier Umgebung das Problem angesiedelt ist.

Diese Situation herrscht oft bei schwierige Finanzentscheidungen vor und kann mit Finanzcoaching analysiert werden.

Die Finanzindustrie versucht Komplexität und Einfachheit in komplizierten Produkten zu vereinen

Die Finanzindustrie lebt davon, vermeintliche Lösungen für Probleme zu schaffen, die eigentlich in den Bereichen „Komplex“ und „Einfach“ liegen. Finanzprodukte werden häufig komplizierter gemacht als sie eigentlich sein müssten und versprechen gleichzeitig mehr als sie halten können.

Das hat vor allem zwei Gründe:

  1. Sie versprechen Komplexität vermeintlich beherrschbar zu machen, indem sie versuchen komplexe Problemstellungen mit Expertenwissen zu lösen
  2. Sie verpacken einfache Lösungen in komplizierte Produkte, um hohe Kosten zu rechtfertigen oder zu verdecken

In meinem Beitrag „Meine Erfahrung mit Private Banking – Dieser Vorschlag hätte Kraut und Rüben in mein Portfolio gebracht“ habe ich einen komplizierten Anlagevorschlag eines großen Finanzinstituts für eine eigentlich einfache Fragestellung analysiert.

Problemstellungen aus den Bereichen „Komplex“ und „Einfach“ werden von der Finanzindustrie oft mit komplizierten Produkten adressiert und sind damit nur noch vermeintlich von Experten zu lösen.

Die Anlagewelt ist komplex, die Finanzindustrie macht sie kompliziert, doch die eigentlichen Lösungen sind oft einfach

Die Lösung liegt nicht im Produkt, sondern beim Kunden

Die Kunden brauchen meist andere Lösungen, als sie von der Finanzindustrie in Form von vermeintlich smarten Finanzprodukten bekommen.

Ein Schlüssel für gute Entscheidungen liegt bei der Sensibilisierung des Kunden, dass jede Anlagestrategie immer den sogenannten systematischen Risken unterliegen. Diese Risiken sind selbst mit der besten Lösung nicht zu eliminieren. Ein solches Risiko ist das Marktrisiko. Wer also z.B. chancenreich in Aktien investiert, muss Marktschwankungen in Kauf nehmen.

Marktrisiken sind im Bereich „Komplex“ angesiedelt. Es gibt keine bekannte Strategie, um systematisch den Markt auszutricksen. Der Kunde muss daher verstehen, wie die Mechanismen zusammenwirken und sich gedanklich auf diese Schwankungen einstellen.

Glücklicherweise kann das Risiko über ein geeignetes Risikomanagement gesteuert werden. Dabei ist die Steuerung deutlich einfacher, als uns die Finanzindustrie glauben machen will. Wer die Grundmechanismen versteht braucht keine komplizierten Finanzprodukte, sondern kann das mit einer einfachen Lösung einfacher und kostengünstiger erreichen.

Wer also die für sich beste Lösung haben möchte, kann statt der klassischen Finanzberatung andere Wege ausprobieren. Mit einer professionellen Begleitung bei schwierigen Finanzentscheidungen in einer komplexen und unsicheren Umgebung kannst du mit Finanzcoaching und dem Aufbau von Grundwissen im Bereich Finanzen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu besseren Lösungen kommen.

Alternative Finanzberatung setzt beim Finanzcoaching und Finanzwissen an

Ich konzentriere mich mit Finanzcoaching und Wissensvermittlung auf die zwei Bereiche, die in der klassischen Finanzberatung häufig nicht adressiert werden.

Mein Name ist Andree de Boer. Seit mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Finanzen. In meinem Blog berichte ich über meine Erfahrungen.


Dabei ist mir über die Zeit aufgefallen, dass der Schlüssel zum Erfolg bei Geld und Finanzen nicht primär in irgendwelchen Finanzprodukten liegt.

Vielmehr sind es die eigene Einstellung und das Verhalten, die den Erfolg maßgeblich beeinflussen.

Deshalb konzentriere ich mich zunehmend auf das Thema Finanzcoaching, um Menschen in die Lage zu versetzen, produktunabhängig gute Finanzentscheidungen zu treffen.

Dazu habe ich eine professionelle Ausbildung zum FCM Finanzcoach absolviert.

Meine Dienstleistungen biete ich völlig produktunabhängig auf Honorarbasis an.

In meinem Blog berichte ich auch über eigene Erfahrungen mit konkreten Finanzprodukten. Dies stellt jedoch ausdrücklich keine individuelle Empfehlung dar.

Nimm mit mir Kontakt auf oder buche online ein kostenloses Erstgespräch. Wir finden heraus, wie ich Dir helfen kann.

3 Gedanken zu „Wie du schwierige Finanzentscheidungen mit dem Cynefin-Modell treffen kannst

  1. @Andree, ganz toller Artikel, wie gut das Cynefin-Entscheidungsmodell bei schwierigen Anlageentscheidungen hilft. Habe damit auch schon die Eignung der Anlagen meiner Strategie mit Krisenalpha analysiert, siehe Whitepaper-Entwurf in Kap. 11 „Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse“ – https://www.linkedin.com/pulse/wie-bereitet-man-sich-am-besten-auf-einen-finanzcrash-/

    „Der Systemzustand des ineffizienten Marktregimes [Finanzkrisen mit volatilen Trendbewegungen] ist eindeutig komplex. Er wird von neuen unbekannten Risiken dominiert. Im Nachhinein feststellbare grobe Abhängigkeiten ermöglichen deren Management.
    Dafür sind Krisenalpha-Strategien gemäß Cynefin geeignete „Probe-Sense-Respond“-Ansätze. Dementsprechend testen Trendfolge-Strategien laufend neue Trends mit kleinen Anfangspositionen (Probe).
    Wird festgestellt, dass Trends länger anhalten (Sense), werden ihre Handelspositionen weiter ausgebaut (Respond). Drehen Trends (Sense), werden ihre Positionen wieder abgebaut und in anderen Märkten mit neuen Trends reallokiert (Respond).
    Die Out-of-the-money-Optionspositionen, die Long-Volatilitätsstrategien permanent halten, sind Proben für Volatilität. Wenn sie gestiegene Volatilität dank erheblicher Gewinne sensieren, werden diese als Reaktion mitgenommen. Andere günstig bewertete Out-of-the-money-Optionspositionen werden dann als neue Proben in Märkten mit niedriger Volatilität neu positioniert, und der Cynefin-Ablauf beginnt wieder.
    Zu Beginn der darauffolgenden Marktphase bilden sich zunächst neue komplizierte Strukturen, die den Markt wieder effizient und bewertbar machen. In diesem Zustand kann Value Investing ein geeigneter „Sense-Analyze-Respond“-Ansatz des Risikomanagements sein.
    Darin kann sich hoher Aufwand vor allem bei kleineren Werten lohnen, Daten zu ermitteln (Sense). Und zwar um neue Risiken auf Basis neuer Bewertungsregeln zu analysieren und fehlbepreiste Gelegenheiten zu entdecken (Analyse). Diese lassen sich nutzen indem unterbewertete Einzeltitel investiert und überbewertete Einzeltitel verkauft werden (Respond).
    Schließlich wird der Markt wieder hoch effizient. Das macht dessen Systemzustand einfach. Dafür ist einfaches Indexing ein geeigneter „Sense-Categorise-Respond“-Ansatz. Und zwar um den Anlagebedarf zu ermitteln (Sense), zu kategorisieren und mittels standardisierter Index-Anlagen, zum Beispiel durch ETFs abzudecken (Respond).
    Wir gehen davon aus, dass reines Indexing und Krisenalpha 50/50 beide Marktregimes ausreichend breit abdecken. Value Investing [und andere Anlagestile] für die begrenzte Übergangszeit schnell steigender Effizienz in großen Werten zu ergänzen, würde kaum noch Vorteile oder sogar Nachteile aufgrund von Überschneidungen bringen. Denn:
    „Value players are far more dependent on momentum than they realize, because ultimately, for them to make money, the price has to move to its value“, Quelle: “A Conversation with NYU Professor Aswath Damodaran”, Bewertungs-Experte, 23.04.2019.“ – https://elmwealth.com/aswath-damodaran-interview/

    Die Finanzmärkte sind nach meiner Cynefin-Analyse also normalerweise einfach, da alles allen bekannt ist und nach Schema F läuft. Einfache marktbreite Indexanlagen/ETFs sind dann die beste weil kosteneffizienteste Geldanlage.
    Der Mainstream der Finanzindustrie versucht jedoch, durch unnötig komplizierte aktive Fonds überzuperformen. Daher müssen diese im Durchschnitt um die dafür nutzlos aufgewendeten Kosten unterperformen.
    Im komplexen ineffizienten Marktregime kann man versuchen, die unbegrenzt tiefen und langen Börsencrashs all-in auszusitzen. Irgendwann bei -50 %, -80 %, -90 %… oder nach 2, 5, 10, 20… Jahren Talfahrt ist jedoch bei (fast?) allen früher oder später Schluss damit. Dann werden ohne Cynefin-Analyse teure Fehlentscheidungen getroffen.
    Die komplizierten aktiven Mainstream-Fonds sind dem aber auch nicht ausreichend gewachsen da unterkomplex. Deren Manager sind ebenfalls nur Menschen und können teure Fehlentscheidungen treffen, wenn deren Leidensfähigkeit endet oder die Regulatorik eingreift. Wie z.B. geschehen bei Riesterfonds zur Altersvorsoge in der Corona-Krise.
    Reine Krisenalpha-Fonds sind dagegen genauso komplex, wie es das Risikomanagement komplexer Finanzkrisen unbegrenzter Schwere und Länge erfordert. Inklusive hoher und Hyperinflation. Weil sie ihren hohen Aufwand primär auf diesen höchsten Nutzen fokussieren und nicht auf nutzlose Outperformance in normalen Zeiten verschwenden.
    Die Kombination dieser beiden Anlageansätze mit genau passender Komplexität für die gegensätzlichen Marktregimes macht die Geldanlage somit für den normalen Endanleger durchgängig einfach. Weil er sich damit nur an gleichbleibend normales Schwankungsrisiko von indexierten Aktien-Anlagen gewöhnen muss und entsprechende Rendite erwarten kann. Der größte Vorteil ist, dass er damit vor keine komplexe Entscheidungssituation gestellt wird, die ihn überfordern kann, wenn die Märkte in schweren Finanzkrisen unbegrenzt einbrechen.
    Da ich sonst niemand kenne, den das interessiert, würde mich deine Meinung dazu sehr interessieren. Wie bist du darauf gekommen? Hast du Quellen mit dieser Anwendung gefunden?
    Herzliche Grüße,
    Norbert

    PS: Vielleicht ist dies von meinem Bekannten Taylor Pearson interessant, wie man sein Leben allgemein mit Cynefin optimieren kann: https://taylorpearson.me/cynefin/
    Er managt Mutiny Funds, die letztes Jahr eine ähnliche Anlagestrategie gelauncht haben wie ich.

    1. Hallo Norbert,

      vielen Dank für dein Kommentar. Das Cynefin Framework kenne ich aus dem agilen Projektmanagement. Ich habe in verschiedenen IT-Projekte in unterschiedlichen Kontexten gearbeitet und die Vor- und Nachteile verschiedener Vorgehensmethoden mittels Cynefin eingeordnet. Siehe dazu meinen Beitrag „Ist dein Ergebnis schon agil oder nur die Methode“ (http://www.deboer-consulting.de/2021/02/12/vortrag-abc-ist-dein-ergebnis-schon-agil/)

      Ich habe es daher nicht direkt im Kontext von Aktienmärkten genutzt. Deine Analyse, dass der Krisenalpha den komplexen Bereich, Value Investing den komplizierten Bereich und marktbreite Index-Anlagen (ETFs) den einfachen Bereich abdecken ist auf jeden Fall interessant.

      Für mich spielen die Opportunitätskosten ebenfalls eine Rolle, gerade beim Vermögensaufbau. Der Krisenalpha braucht halt die Krisen, um sich auszuzahlen. Wir sind uns einig, dass Krisen systemimmanent sind. Die Frage, die heute keiner von uns beiden beantworten kann, ist, ob es in einem Anlagezyklus in Anzahl und Schwere genug Krisen gibt, um die Opportunitätskosten zu rechtfertigen.

      Mein Ansatz ist daher die marktbreite Index-Anlagen, kombiniert mit kurzfristigen Anleihen zur Reduktion der Volatilität, je nach Risikobereitschaft des Anlegers.
      Auch dieser Ansatz birgt keine Sicherheit. In den 70er Jahren hatten wir eine Phase der Stagflation von 1973 bis 1979 in der sowohl Aktien als auch Anleihen negativ rentierten. Wer im Jahr 2000 100% in weltweite Aktien investierte, saß 13 Jahre auf dem trockenen. (Quelle: Vanguard Renditejahrbuch 2022, Mein Beitrag: https://www.finwohl.de/2021/06/08/1-welt-etf-reicht-5/)

      Auch diese Phasen gibt es immer wieder. In der Gesamtsicht aber äußerst selten und gerade beim Vermögensaufbau mit einem regelmäßigen Sparplan sind diese Phasen deutlich kürzer.

      Den komplexen Bereich bilde ich dabei mit meinem Finanzcoaching ab. Hier gilt es in schwierigen Phasen diszipliniert genug zu sein und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

      Gruß
      Andree

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